Nebel

Sternzeit 0963,7

Heute haben wir einen mächtigen Nebel durchgestanden. Aber auch das ist schliesslich gutgegangen. Ob das allerdings an der Hilfe des Herrn der Gezeiten lag, weiss ich nicht, ich hege da so meine Zweifel. Früh gegen 1 bis 2 Glasen nach dem Wachende des Frosches konnten wir die Hand nicht mehr vor Augen sehen. Ein Weitersegeln schien uns unmöglich, deshalb holten wir die Segel ein und warfen den Anker aus. Nun hatten wir endlich Zeit, uns um den Zustand des Floßes zu kümmern, es hatte in den vergangenen Tagen doch etwas gelitten und wir hatten einiges zu reparieren oder instandzusetzen. Gegen 5 Glasen konnten wir wieder so weit sehen, dass wir den Anker einholen konnten. Nun waren wir wieder bei Windstärke 6 auf Kurs Nord-Ost, wie der Frosch beschlossen hatte. Der Ameisenbär, der immer noch unser Käptn war, hatte keine Zweifel, dass die Entscheidung richtig gewesen war. Inzwischen sieht man hier die Sichel des Mondes und ich denke, wir sollten auf Kurs Nord-Ost bleiben. Es ist sternenklarer Himmel. Ob der Herr der Gezeiten uns wohl sieht ? Wo werden wir ihn finden ? Oder findet er uns ? Ich weiss nicht, ob es richtig ist, aber auch ich habe mir soeben eine grüne Flasche geöffnet. Nun habe ich endlich etwas Zeit für mich. Die Delphine sind auch noch wach. Herr hilf uns. Ich bin mir nicht mehr ganz so sicher, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Und nun rede ich ein wenig mit dem Delphin, es scheint mir, er lächelt in letzter Zeit so viel.

Spinne

Nachtwache

Sternzeit 0960,1

Heute sind wir weiterhin unserem Kurs gefolgt und wir hatten tagsüber Windstärke 5. Jetzt ist es Nacht, ich habe beschlossen, dass wir wieder etwas mehr nord-östlich weitersegeln müssen und ich schreibe die Ereignisse des heutigen Tages auf. Die Delphine sprühten heute wieder nur so vor Lebensfreude. Als wir die Segel mittags zu einer kurzen Besprechung einholten, haben alle mit angefasst. Dann sprach der Ameisenbär ein kurzes Dankwort und wir besprachen die Lage. Das hat sich mir gut eingeprägt und ich bin mir über die geplante Kursänderung sehr sicher. Alle sind in ihren Kojen. Ich habe bereits die Positionslichter überprüft und auch habe ich noch genügend Tabak im Tabakbeutel, um nach dem Logbucheintrag meine Zigarette zu rauchen. Wie kommt es, dass der Herr der Gezeiten manchmal fast greifbar nahe ist und dann seine Gegenwart wieder so unglaublich erscheint und man wie durch einen Schleier sieht ? Woher hat der Ameisenbär sein Wissen über ihn ? Wie kommt es, dass der Delphin plötzlich wieder so froh erscheint ? Wird unser Proviant reichen ? Sind wir als Team bereit für eine Begegnung ? Trinkt der Ameisenbär nicht doch ein bisschen zuviel ? Solche Fragen treiben mich heute Nacht um. Ich muss ein wenig anluven und möchte trotz aller Schwierigkeiten meinen Dank niederlegen. Es plätschert ein wenig, wir haben noch nächtliche Windstärke 3, der Verklicker ist im Moment nicht zu sehen und ich sitze auf der Backbordseite. Wir werden sehen. Nun rauche ich eine.

Frosch

F-f-flaschenpost

Sternzeit 0958,6

Heute haben wir vielleicht etwas erlebt, ihr werdet es nicht glauben. Die Fledermaus hat eine Flaschenpost gefunden. Und so trug sich das zu:

Wir waren bei Windstärke 4 – 5 auf Kurs Ost unterwegs. Der Ameisenbär saß am Ruder und der Frosch an der Fockschot. Da der Flügel der Fledermaus wieder geheilt war, machte sie einen Probeflug. Nach einigen Minuten kam sie zurück und berichtete uns von ihrem Fund. Backbord in 200 Meter voraus schwamm eine Flaschenpost. Der Ameisenbär luvte etwas an, um auf einen nahen Kurs zu kommen. Als unser Floß die Stelle passierte, beugte die Giraffe sich etwas über die Reeling, um die Flaschenpost zu bergen. Das Manöver gelang beim ersten Mal. Wir waren alle etwas aufgeregt, denn es befand sich wirklich ein Brief in der Flasche. Der Spinne gelang es mit ihren dünnen Gliedmassen, den Brief aus der Flasche zu holen. Der Ameisenbär las vor.

Ich sitze hier an der dänischen Küste fest. Mein Name ist Andi und ich mache hier mit meinen Eltern Urlaub. Nur leider sind hier überhaupt keine anderen Kinder oder Spielkameraden. Darum schicke ich diese Flaschenpost an den Herrn der Gezeiten, damit er mir ein paar Spielkameraden vorbeischickt. Meine Mutter hat gesagt, der Herr der Gezeiten kann alles. Ich weiss nicht, ob ich ihr glauben soll, aber ich versuche es einmal. Mir ist sooo langweilig. Bitte hilf mir.

Da hatten wir ja einen Fund gemacht. Zwar überlegten wir kurz, den Kurs zu ändern, dann schrieb der Frosch allerdings etwas auf den Zettel und warf die Flasche wieder ins Meer. Der Ameisenbär beruhigte uns alle, er sagte der Herr der Gezeiten würde dem Jungen bestimmt helfen. Heute gab es Krabben. Das war vielleicht lecker. Als die Spinne heute Nacht ganz allein über dem Kurs brütete, war der Mond noch ungefähr halb voll. Sie fand, der Kurs taugte und wir sollten ihn nicht ändern. Danke für alles, schrieb sie noch als letztes ins Logbuch, bevor sie es zuklappte und wieder ihren Gedanken nachhing. Eine Weile war sie ganz mit sich selbst beschäftigt, bevor sie wieder mit ihrer Aufmerksamkeit zu uns zurückkehrte und uns den Rest der Nacht gut bewachte.

Sturm

Sternzeit 0955,8

Heute gerieten wir in einen mächtigen Sturm. Nachdem der Frosch uns alle geweckt hatte, frühstückten wir erst einmal. Der Ameisenbär war heute seltsam ruhig. Als die Sonne am höchsten stand, begann es aufzufrischen. Es entwickelte sich immer mehr Wind, so dass wir ganz schön zu tun hatten. Wir entschlossen uns, die Segel nicht einzuholen, sondern am Wind zu bleiben. ‘Klar zur Wende ?’ rief der Ameisenbär. ‘Klar’ rief der Frosch zurück. Wir waren alle auf unserem Posten und wir gaben alle unser bestes. Als es schliesslich Abend wurde, liess der Wind nach und wir wussten alle, was wir getan hatten, so kaputt waren wir. Heute bereitete uns die Fledermaus einen wunderbaren maritimen Salat. Also war es auch ihre Aufgabe, zu danken. ‘H-h-herr, wir d-d-danken Dir, dass Du uns sicher durch den Sturm gebracht hast. A-a-auch für Deinen w-w-wunderbaren P-p-proviant. S-s-segne uns und f-f-führe uns auch sicher durch die N-n-nacht. Amen’ sprach die Fledermaus und dann genossen wir das Essen. Niemand sagte viel. Die Spinne zog sich nach dem Abendessen direkt zurück. Und da es auch wieder abgeflaut war, konnten wir unser Schicksal beruhigt den Delphinen überlassen, die heute Nachtwache hatten. Sie hatten während des Sturmes, der bestimmt Windstärke 8 hatte, richtig ihren Spass gehabt. Aber sie wussten auch um die verantwortungsvolle Aufgabe einer Nachtwache. Auch sie beschlossen, dass wir auf dem richtigen Kurs waren. Unser Delphin war sehr dankbar und er betete fast die ganze Nacht. Er hatte sich das richtig zurecht gelegt und in Dank, Bitte und Fürbitte unterschieden. Sicher kamen wir auch ohne Zwischenfälle durch diese Nacht.

Eine Idee

Sternzeit 0954,7

Am nächsten Morgen hatten sich alle etwas beruhigt. Der Herr der Gezeiten hatte sie sicher auch durch diese Nacht gebracht. Schliesslich war es die Spinne, die eine Idee hatte. ‘Wie wäre es, wenn wir die Kursbestimmung der jeweiligen Nachtwache überlassen ?’. Die Delphine nickten zustimmend. Damit hatte der Ameisenbär schwer zu tun. Er, der Kapitän, sollte die Kursbestimmung abgeben ? Ob er das seiner Mannschaft zutrauen würde ? Nachdem er jedoch kurz die Augen geschlossen und in sich gegangen war, stimmte auch er dem Vorschlag zu. ‘Wir werden es versuchen’, sagte er, ‘aber lassen wir heute die Giraffe nochmal an den Sextanten.’. Im Moment segelten sie 90°. Sie trugen alle schwerwiegende Fragen, den Herrn der Gezeiten betreffend mit sich herum, aber es war ihnen klar, dass dies ein Gemeinschaftsprojekt war und dass der Herr sie gewiss nicht im Stich lassen würde. Jedoch… wo war er ? Als der Ameisenbär eine erste Einführung in die Theologie gegeben hatte, hatte er damit nicht gerechnet. Jedenfalls war der Delphin schon seit Tagen wieder etwas munterer und freute sich über die Gesellschaft und auch der Flügel der Fledermaus heilte zusehends. Die Giraffe machte sich gut, sie bestimmte, dass der Kurs Ost in Ordnung war und dann gaben sie das Ruder zur Nachtwache in die Hand des Frosches. Der war sich seiner Aufgabe bewusst. Ihm schien, als sei der Mond sein heimlicher Freund, der ihm half. Er schrieb ins Logbuch : ‘Was, wenn der Herr der Gezeiten ein Mensch war ?’ Sie hatten alle von diesen seltsamen Geschöpfen gehört. ‘Kurs Ost in Ordnung, weitermachen’ schrieb er. Dann überprüfte er noch einmal die Positionslichter und rauchte endlich wieder eine Zigarette. Heute hatten alle sehr unruhige Träume.

Ein wenig Durcheinander

Sternzeit 0952,8

Der Ameisenbär hatte sein bestes gegeben, ohne Zweifel. Gegen Mittag, als die Sonne am höchsten stand, haben wir die Versammlung einberufen. Wir lösten die Schot, so dass die Segel killen konnten. Die Fledermaus fragte andauernd ‘U-u-und was machen wir j-j-jetzt ?’, die Spinne hatte sich in der Nähe ihres Kabuffs niedergelassen, der Frosch verkniff sich angesichts des Ernstes der Lage einmal das Rauchen, die Giraffe starrte auf ihre Fussnägel und die Delphine umkreisten das Boot und liessen sich ab und zu zu einem Luftsprung hinreissen. ‘Herr der Gezeiten, wir danken Dir für Deine Gegenwart.’, begann der Ameisenbär. ‘Wieso, wo ist er denn ?’ fragte die Giraffe. Der Frosch räusperte sich. ‘Wo sollen wir weitersuchen ?’ fragte die Spinne. ‘Verstehst Du nicht, er ist schon hier.’ sagte der Delphin. ‘Was meinst Du, er ist einer von uns ?’ musste die Spinne nachfragen. Der Bär fuhr fort. ‘Danke, dass Du trotz unserer Unzulänglichkeiten auf uns Acht gibst. Hilf uns, den nächsten Kurs zu bestimmen. Lass auch nicht nach, gut auf die Delphine zu achten.’ ‘He, was soll das, auf uns braucht niemand achten !’ rief ein Delphin. ‘Dank deiner untierischen Güte verzeihst Du uns unsere Fehler. Wir danken Dir, oh, ja, wir danken Dir.’ Es schien, als würde ein Tumult ausbrechen. Da musste der Bär abbrechen. ‘Hilf mir, die Geduld zu behalten.’ betete er leise weiter. ‘Frosch, ab in die Kombüse, Abendbrot.’ befahl der Bär. Mittlerweile war die Sonne nämlich ein gutes Stück ihrem Lauf gefolgt, und weitersegeln brauchten wir heute auch nicht mehr. Der Ameisenbär nahm sich die Seekarte vor und brütete über dem nächsten Kurs. So konnte es nämlich nicht weitergehen. Damit keine Meuterei ausbrach, machte er noch eine Ansage für alle. ‘Versteht ihr denn nicht ? Der Weg ist das Ziel und das Ziel ist der Weg. Er ist längst mitten unter uns.’ ‘Warum sehen wir ihn denn nicht ?’ ‘Er ist nicht einer von uns und doch einer von uns.’ ‘Wir müssen von vorn anfangen. Wir sind doch nur ein zusammengewürfelter Haufen auf der Suche nach dem Kurs.’ Wenigstens hatten alle etwas, das sie zum Nachdenken mit in die Koje nehmen konnten.

‘Wir werden weiter nach Osten müssen.’ schrieb der Bär ins Logbuch und klappte es zu. ‘Bitte beobachtet den Mond gut’ bat er noch die Delphine zum Schluss. Es kam ihm vor, als ob sie lächelten. Unser Delphin hatte gute Arbeit geleistet. Sein Kummer schien heute abend weit weg zu sein.

Schaf oder Löwe ?

Sternzeit 0951,3

Wir hatten unseren Kurs nach bestem Wissen und Gewissen überprüft und waren zu keinem Schluss gekommen. Der Ameisenbär war schliesslich der Meinung, dass wir grob nord-östlich weitersegeln mussten und deshalb nahmen wir Kurs Nord-Ost, 45°. Wir hatten unterdessen ein munteres Ratespielchen begonnen, was für ein Tier der Herr der Gezeiten wohl war… Hundkatzemaus, Fisch, Eisbär, Opossum, Insekt, Blauwal oder doch vielleicht ein Elefant. Der Ameisenbär erzählte uns, am ehesten würde er einem Schaf oder einem Löwen ähneln, zumindest hatte er das früher immer gedacht. Der Herr der Gezeiten war aber immer für eine Überraschung gut, soviel war sicher. Nach dem Stand der Sonne war es ungefär 4 – 5 Glasen und wir hatten Windstärke 6, als der Delphin mit einer neuen Meldung angeschwommen kam. Er hatte weitere Delphine entdeckt, darüber war er sehr froh. Wir entschlossen uns, den Delphin als Boten zu der Gruppe auszusenden. Um es kurz zu machen, die Delphine waren begeistert, ein Floß und einen Artgenossen gefunden zu haben, die sie begleiten konnten. Da hatten wir unsere Anzahl auf einen Schlag mindestens verdoppelt. Wir betrachteten die neuen Mitglieder unserer Mission als eine Art Eskorte. Wir fingen zwar keine Wale, aber da brauchten die Delphine wenigstens keine Angst zu haben, aus Versehen harpuniert zu werden. Und wie sie sich freuten… Wir verzeichneten unseren momentanen Kurs im Logbuch und fügten auch einige Noten hinzu, die die Fledermaus, die sehr musikalisch war, aus den Delphinliedern herausgehört hatte. Außerdem erlaubten wir ab sofort das öffentliche Rauchen, da wir es dem Frosch nicht zumuten wollten, immer bis zu seiner Wachschicht zu warten. Als der Mond schliesslich zu sehen war und der Delphinschwarm ihre erste Nachtschicht antrat, sahen wir schon langsam Gesichter in den Wellen. Ob die Delphine wohl mehr über unseren Herrn wussten, als sie zunächst zugeben wollten ? Jedenfalls waren es sehr intelligente Tiere und sie führten uns gut durch die Nacht. Am nächsten Tag wollten wir zum ersten Mal eine öffentliche Versammlung abhalten, um dem Herrn der Gezeiten zu danken, dass bisher alles gutgegangen war. Mit den Wochentagen kamen wir allerdings langsam durcheinander.

Einer von uns

Sternzeit 0948,7

Heute haben wir viel gelernt. Der Ameisenbär hat uns mehr von seinem Herrn erzählt. Er sagte sogar, dass er einer von uns geworden ist. ‘W-w-wie b-b-bitte ?’, fragte die Fledermaus. ‘Wir waren verloren, alle.’, sagte der Bär. ‘Da hat der Herr seinen Sohn geschickt, auf dass er ein Tier wird, wie wir alle.’. Dem Delphin wurde das schon wieder zuviel. Er schwomm wieder außerhalb seines Viertelmeilenradius. Auch die Spinne schien allergisch gegen dieses Seemannsgarn zu sein. Da hatte der Ameisenbär ein Einsehen. ‘Lasst uns angeln.’. Wir warfen unsere Angeln auf der Lee-Seite aus. Geduld, Geduld und abermals Geduld war nun die Lektion, die wir lernen mussten. Zum Glück schien die Sonne und wir hatten noch genügend grüne Flaschen an Bord. Außer dem Frosch fing jedoch niemand etwas. Der Ameisenbär zerlegte den Fisch fachmännisch und die Giraffe briet in uns in unserer Solarpfanne. Heute war der Ameisenbär zwar etwas mürrisch, trotzdem vergaß er nicht, vor der Mahlzeit mit knappen Worten zu danken. Wir wunderten uns, was für ein Tier der Herr der Gezeiten wohl geworden war. Und welcher Sohn war gemeint ? Nach der nächsten Wende echote die Fledermaus den Delphin an, er möge sich doch auch etwas von dem Fisch abholen. Dankbar kam er an, sprang aus dem Wasser und vertilgte sein Teil von dem Abendbrotfisch. Er war in letzter Zeit gar nicht mehr so oft traurig. Das musste damit zusammenhängen, dass er eine tierische Disziplin an den Tag legte und auf seinem Vorhutposten immer öfter sang, auch wenn es niemand hörte. Außerdem hatten wir es uns zur Gewohnheit gemacht, dass die Nachtwache auch den Mond genau beobachtete und das Logbuch mit kleinen Assoziationen dazu führte.

‘Abnehmender Mond, keine Schmerzen’, schrieb die Giraffe und klappte das Logbuch zu. Wir waren froh, dass nachts immer einer Wache hielt. Niemand schien überfordert und wir wechselten uns regelmäßig ab.

Zwischenstop

Sternzeit 0943,9

Heute haben wir einen ersten Zwischenstop eingelegt. Gegen 3 Glasen meldete die Giraffe ‘Land in Sicht’. Es handelte sich – wie sich bald herausstellte – um eine Insel. Ob wir an ihrer Küste wohl den Herrn der Gezeiten finden würden ? Der Ameisenbär kommandierte das Anlegemanöver. Nachdem wir unser Floß gesichert hatten, gingen wir von Bord und dann ans Ufer, der Reihe nach, zuerst Giraffe, dann Frosch, der Delphin blieb in Ufernähe, um das Floß zu bewachen und schliesslich Spinne, Fledermaus und als letztes Ameisenbär. Eingeborene sahen wir nicht, aber wir fanden Spuren eines Lagerfeuers am Strand. Wir teilten uns auf und machten uns in Zweiergruppen auf die Suche. Gegen Sonnenuntergang wollten wir uns wiedertreffen. Also, nachdem wir uns auf der Insel umgesehen hatten, berichteten wir uns gegenseitig von unseren Entdeckungen. Spinne und Fledermaus hatten ein unbewohntes Dorf entdeckt. Sie riefen und suchten, hatten aber Niemanden antreffen können. Frosch und Ameisenbär waren am weitesten ins Landesinnere vorgedrungen. Sie hatten sogar einige essbare Früchte mitgebracht, aber ebenfalls ausser einigen Affen nichts entdeckt. Die Giraffe kam als Letztes wieder zurück. Sie war einem Flusslauf gefolgt. Der führte sie bis zur Quelle. Als sie sich mit dem Wasser aus der Quelle erfrischt hatte, war auch sie den Rückweg angetreten. Zum Abendbrot auf dem Floß verspeisten wir die leckeren Früchte. Wir begannen, uns ernsthafte Fragen zu stellen, ob wir auf der richtigen Mission waren. ‘Ameisenbär, meinst Du, der Herr der Gezeiten ist hier irgendwo ?’, fragte die Spinne. Der Ameisenbär schlürfte den Rest aus seiner Frucht und sagte : ‘MMMhmm. Gut möglich, wie ich ihn kenne. Aber wir müssen weiter.’. Das verstand, wer will. War der Herr der Gezeiten etwa mitten unter uns, und wir bemerkten es nicht ? Wir sangen ein Danklied und bargen den Anker. Fledermaus und Delphin unterhielten sich noch über den richtigen Kurs, doch der Ameisenbär war sich sicher, dass wir wieder auf 30° wechseln mussten. Diesmal segelten wir die ganze Nacht durch und blieben alle wach. Wir hatten Lunte gerochen. Aufgeregt unterhielten wir uns über den Kurs, das Danken, den Seemannstod und nahmen uns für den nächsten Tag vor, einmal zu angeln. Langsam nahm der Mond wieder ab.

Durst

Sternzeit 0941,2

Langsam begannen wir uns Sorgen zu machen. Der Ameisenbär hatte heute mächtig einen über den Durst getrunken. Dann erzählte er immer so komisches Zeug. Er öffnete sich ungelogen eine grüne Flasche nach der anderen und ging uns mit seinem Auftrag vom Herrn der Gezeiten mächtig auf den Geist. Die Spinne bekam zwar langsam Heimweh, so wie der Ameisenbär Fernweh hatte, aber wir mussten alle unser Bestes geben, um den Bären zu überzeugen, doch etwas kürzer zu treten. Er erwähnte immer so ein komisches Fremdwort, ‘Zünde’ oder ‘Chünde’ oder so ähnlich. Damit konnten wir alle überhaupt nichts anfangen. Wir wussten nur, dass er doch eigentlich nüchtern bleiben musste, war er doch schliesslich unser Kapitän. Nun, dass würde sich irgendwie ergeben, wir hatten ja die Seekarten und wir konnten auch ganz gut einen Tag ohne ihn navigieren. Wir hatten unseren Kurs inzwischen auf 35° angepasst. Der Verklicker in Kombination mit der Karte verriet uns, wann wir wenden mussten. Die Spinne und die Giraffe legten den Ameisenbären also schon um 6 Glasen in seine Koje. Der Delphin schwamm noch eine Runde, um unsere Umgebung abzusichern, bevor wir heute einmal ankern konnten. Wir waren nämlich alle so erschöpft, dass wir der Nachtwache, die heute die Fledermaus hatte, nicht zumuten wollten, auch noch den Kurs zu halten. Da wir keine bessere Idee hatten, setzten wir uns ohne den Ameisenbären zusammen um den Herrn der Gezeiten anzurufen, er nannte es immer ‘beten’.

‘Beschütze uns auf unserem Weg und lass dich von uns finden. Wir suchen den optimalen Kurs. Unser Lehrer ist besoffen, deshalb pass gut auf uns auf. Senke den Frieden der Nacht über unser Floß und hilf auch dem Delphin, über seinen Liebeskummer hinwegzukommen. Bmen (Verzeihung, Amen).’ Besser bekamen wir es heute Nacht nicht hin. Als wir endlich alle schlafen gingen, sahen wir noch, dass es schliesslich Vollmond geworden war.