nighttime

Im Schutz der Dunkelheit starteten wir zu unserem nächsten Aufklärungsflug. Wir zogen einige konzentrische Kreise über Ostwestfalen und hielten uns dann Richtung Kassel. Der Frosch hatte die Infraroteinheit des Grizzly in Betrieb genommen, damit uns auch nicht ein Jota Information verlorenging. Über einem kleinen Dorf gingen wir in Sinkflug. Menschen waren abermals keine auf den Straßen auszumachen, wohl feierten sie alle dieses seltsame christliche Fest, das alle in der Familie verbrachten. Ihre Religion kam uns fremd vor, aber eine Bedrohung schien nicht von ihnen auszugehen. Dann erregte ein Lagerfeuer unsere Aufmerksamkeit, mitten im Winter. Kontakt nahmen wir jedoch wohl besser nicht auf. Der Grizzly sagte, Abtrünnige habe es schon immer gegeben und werde es auch immer geben. Der Delphin war heute ganz besonders melancholisch, ob es daran lag, dass er seit mittlerweile 36 Monaten von seiner Geliebten getrennt war, mochte er uns nicht mitteilen, aber wir konnten uns unseren Teil denken. Der Frosch ging eine rauchen. Als der Ameisenbär von seiner Meditation im Allerheiligsten wiederkam, fanden wir uns zur Mahlzeit zusammen. Der Octopus hatte einen ganz und gar leckeren Mais-Thunfischsalat zubereitet. Wein war unser Fall nicht, darum tranken wir Bier und Cola dazu, wie schon so oft. Wir wähnten uns im Tarnmodus und gut geschützt, darum wunderte es uns doch alle sehr, als es im Erdgeschoß plötzlich klopfte. Der Octopus öffnete die Tür und ließ den Maulwurf rein. Es war der Ex der Maulwurfine, wie sich herausstellte und er wollte nur mal nach dem Rechten sehen. Nachdem die Maulwurfine klargestellt hatte, dass sie an einer weiteren Beziehung kein Interesse hatte, begleiteten wir den Maulwurf langsam aber bestimmt wieder nach draußen. Dann mussten wir wieder Logfiles wälzen, der Grizzly hatte eine interaktive Karte erstellt, auf der wir all unsere Abenteuer örtlich lokalisieren konnten. Nun hatten wir wieder einen weißen Fleck von der Landkarte getilgt. Der Maulwurf hatte seine Handschuhe vergessen, wie wir feststellten. Wir archivierten sie. Die Giraffe machte sich an den Logbucheintrag und dann legten wir uns ab, den morgigen Vormittag würden wir wohl alle verdösen. Jedoch hatten wir beschlossen, erstmal keine weiteren Ortswechsel vorzunehmen und die Gegend um dieses kleine Dörfchen genauer zu erkunden. Der Frosch würde morgen eine Tour mit dem weißen Fahrrad unternehmen und die Kommunikation zwischen den Außenteams und der Basis war technisch gesichert. Bald würde das nächste Sternjahr anbrechen.

Liesberg

Nach unserer Rückkehr aus Amsterdam landeten wir auf dem Engeraner Liesberg, dem Ursprungsstandort unseres Windmühlenraumschiffs. Zu Fuß schwärmten wir aus, um Veränderungen in unserer Heimatstadt auszumachen, die eventuell in unserer Abwesenheit stattgefunden haben könnten. Wir fanden die Bäckerei und die Tankstelle an ihren gewohnten Orten. Lediglich der Kneipenbesitzer hatte in der Zwischenzeit mal wieder gewechselt. Wir fanden uns nach diesen ersten Erkundungen auf dem Bedienungsdeck ein und orderten eine Runde Pizza für alle. Der Ameisenbär brach das Brot und eröffnete die Mahlzeit. Sogar O. nahm sich Zeit für sein Stück und schlang einmal nicht alles hinunter, wie das sonst so seine Art war. Es gab Cola und Bier für alle. Dagegen hatte auch niemand etwas einzuwenden, bestand doch nicht die Gefahr, dass einer von uns es übertreiben könnte. Wir tauschten etwas Seemannsgarn aus und fütterten die olfaktorische Einheit des Grizzly mit neuen Eindrücken. Anschließend räumten wir das Erdgeschoss auf. Zu viel Gerümpel hatte sich dort angesammelt, eine örtliche Recyclingbörse wäre für das meiste von dem Zeug dankbar. Wir würden es sogar vorbeibringen, um nicht auf eine umständliche Terminabsprache mit dem Abholdienst angewiesen zu sein. Einen Bulli würden wir uns problemlos leihen können. Die Filmdose war an ihrem Platz, zum Glück. Wir konsultierten die Logfiles. Bis zu unserem nächsten Start würden wir hier ausharren. John und Jane gingen derweil nach Hause und verabschiedeten sich von weiteren Abenteuern. Vielleicht war ihnen das doch alles etwas zu aufregend gewesen. Da wir ansonsten eine recht illustre Mannschaft waren, schien das auch für alle in Ordnung zu gehen. Die Mondbasis funkte dem Grizzly den aktuellen Stand der Besiedelungspolitik durch, O. nahm eine Dusche und der Delphin übte jonglieren. Teevorräte würden wir auch für unsere nächste Mission genug dabeihaben. Wir sandten unsere seit Jahrhunderten gleichen Koordinaten zur Stiftskirche rüber und gingen eine Rund ins KIZ, Fussball gucken, jedenfalls der Teil von uns, der sich dafür interessierte. Der Rest der Mannschaft spielte Malefiz, Halma oder Backgammon, bevor alle in ihre Kojen gingen. 4 Grad, leichter Wind, kein Regen. Zunehmender Mond. Der Frosch rauchte nach dem Logbucheintrag eine Zigarette. Nachtwachen würden wir heute abend jedenfalls nicht benötigen.