reaching presence

Sternzeit 1296,3

Wir befinden uns in der Gegenwart und heute schreibe ich einen Logbucheintrag, der den vergangenen Tag zusammenfasst. Nachdem das Gravitationsexperiment geklappt hatte, nahmen sie endlich Kontakt auf. Mein jahrzehntelanges Warten hatte sich also gelohnt. Es ist ein Glück und keine Selbstverständlichkeit, dass die ganze Mannschaft die lange Reise zu mir geschafft hat. Meine Hütte hatte zwar nicht genügend Sitzplätze, aber wir haben unseren Erfahrungsaustausch trotzdem beginnen können. Im Moment sind alle in die Dark Shadow zurückgekehrt. Nun habe ich in der Vergangenheit so viele Lebensformen kennengelernt, dass diese bunte Mischung mich nicht mehr überraschen, aber dennoch bereichern konnte. Einer von ihnen ist allerdings schon tot. Bernie hat mir erzählt, er habe ihn eigenhändig umgebracht. Vielleicht war das notwendig. Meine Familie lebt weit verstreut und ich habe soeben mein Auskommen. Nachdem ich also mein Tagwerk im ZVQB verrichtet hatte, führte ich einige Autoexperimente durch, ohne Erfolg. Mein Modus ist im Moment wach und produktiv. Als ich mir eine neue Tasse meines Lieblingsgetränkes kochte und die Wäsche aufhing, musste ich einige Minuten nicht über sie nachdenken. Morgen würden mir wieder viele Artgenossen begegnen und ich freute mich nur mittelmäßig darauf. Allerdings musste ich zugeben, dass ich selbt auch nicht gerade der angenehmste Zeitgenosse war. Seit dem Kontakt zu den Teilen der Fauna, die im Windmühlenraumschiff nach Alpha Centauri gekommen waren, ging mir zwar langsam die Puste aus, aber heute habe ich weder herumgeschrien noch etwas zerstört. Ihr müsst wissen, ich habe eine biologische und eine soziale Familie. Für heute Nacht habe ich noch genug zu rauchen und seit 8 Tagen befinde ich mich im Trockenmodus. Schlaf bekomme ich genug. Ich möchte nicht versäumen, meinen Dank dem unbekannten Spender aus dem Sommer des vorvergangenen Sternjahres auszusprechen. Nun werde ich mich noch ein wenig mit der reichlich vorhandenen Unterhaltungselektronik verlustieren. Zum Glück kenne ich ihren Landeplatz. Zunehmender Mond.

Eine leichte depressive Verstimmung – slightly depressive resentments

Sternzeit / Startime 1285,7

Doch, Bernie hatte die Werkssirene gehört. Er wälzte sich aus dem Bett und konsultierte die Grizzly-K.I. ‘Kein Bock. Kaffee und Zigi okay. No work mood.’ Die K.I. antwortete. Bernie nahm den Zettel aus dem Drucker.

‘F20.4
Postschizophrene Depression
Info.:
Eine unter Umständen länger anhaltende depressive Episode, die im
Anschluss an eine schizophrene Krankheit auftritt. Einige
“positive” oder “negative” schizophrene Symptome müssen noch
vorhanden sein, beherrschen aber das klinische Bild nicht mehr.
Diese depressiven Zustände sind mit einem erhöhten Suizidrisiko
verbunden.
Wenn der Patient keine schizophrenen Symptome mehr aufweist, sollte
eine depressive Episode diagnostiziert werden (F32.-). Wenn
floride schizophrene Symptome noch im Vordergrund stehen, sollte
die entsprechende schizophrene Unterform (F20.0-F20.3)
diagnostiziert werden.’

So’ n Quatsch, sagte Bernie mehr zu sich selbst. Just a little sad. Dann begann er erneut, die K.I. mit relevanten Informationen zu füttern. ‘Bier Bremen, Tabak Rotterdam.’ gab er ein. ‘ICD 10 ausser Kraft’. fuhr er fort. ‘F.20.0 seit knapp achtzehn Jahren. Job, Job, Job. Durch die Wüste. Zwei schwarze und eine blaue Jeans. Kein Frühstück. Weed bis zum Abwinken. Nur noch 2 Jahre. Ping.’

Die K.I. rechnete. ‘Sie sind gesund!’, sagte die metallische Stimme. ‘Das kann nicht sein!’ protestierte Bernie. Zu oft hatte er sich AU’ s besorgt. ‘Gehen Sie arbeiten. Sie sind gesund.’ wiederholte die K.I. Bernie lehnte sich zurück. ‘Mein großer Zeh tut weh.’ sagte er. ‘Irrelevant, Sie nehmen den Bus.’ entgegnete die K.I. ‘Ich habe Parodontose.’, versuchte Bernie es noch einmal. ‘Teethbrush reachable.’ tönte es.

Es nutzte nichts. Bernie musste arbeiten. Was hatte er sich denn dort zurechtprogrammiert. Ihm fielen keine weiteren Ausreden ein, also stöpselte er den Grizzly auf Stand-By und nahm den Bus. Nach Feierabend würde er weiterdiskutieren. Nur so ging es. Nur so. Bernie schloss sogar die Tür ab. Den Telefonhörer legte er daneben. Ein Handy oder gar ein Smartphone besaß er nicht. Gott sei’ s gedankt.