Appetizer Herr der Gezeiten

Das Wassergespenst

Sternzeit 0913,4

Heute haben wir alle einen mächtigen Schreck bekommen. Wir haben ein Wassergespenst gesehen. Und das kam so :

Frosch und Giraffe wollten die Taucherausrüstung einweihen und ein wenig von der Welt erkunden, in der
der Delphin lebt. So stiegen sie in die Neoprenanzüge, schnallten sich die Sauerstoffflaschen um und setzten die Tauerbrillen mit dem Beatmungsgerät auf. Rückwärts ließen sie sich ins Wasser fallen und sanken langsam tiefer. Der Delphin war soo froh, endlich etwas Ablenkung zu erfahren und zeigte den beiden stolz einige Kunststücke. Als erstes machte er eine Wasserrolle. Um die Unterwasserwelt zu erforschen, mussten sie sich noch etwas tiefer sinken lassen. ‘Hier seht nur, ein Korallenriff ! Es lebt ! Vor diesem Fisch müsst Ihr Euch ein wenig in Acht nehmen, es ist eine Muräne. Wenn man sie aber nicht versehentlich bedroht, ist sie ganz friedlich.’ Es war sehr dunkel und sie konnten nur dank der auf die Masken montierten Taschenlampen sehen. Dann kam ganz unvermittelt das Wassergespenst. Lautlos schwebte es aus dem Hintergrund in ihr Blickfeld. Es war ungefähr vier Meter gross und flatterte etwas. Das heisst, wahrscheinlich hätte man es Flattern genannt, wenn es ein normales Bettuchgespenst gewesen wäre. Majestätisch und ganz langsam bewegte es sich fort und alles war vollkommen lautlos. Der Frosch erschreckte sich derart, dass er fast vergaß, zu atmen. Zur Verständigung machten der Frosch und die Giraffe einige fragenden Gesten in Richtung Delphin, der sich ja eigentlich am Besten auskennen müsste. Ein solches Gespenst hatte auch er allerdings noch nie gesehen. Deshalb entschied er sich, zur Sicherheit das Kommando zum Auftauchen zu geben. Als die drei wieder an ihrem Floß angekommen waren, sprang der Delphin so voller Freude, wieder in Sicherheit zu sein, einmal durch die Lüfte. Frosch und Giraffe schälten sich aus den Taucheranzügen und mussten dem Ameisenbär erstmal von ihren Entdeckungen berichten. Beim Abendbrot erzählte uns der Ameisenbär, wir könnten eventuell auch ein Tier gesehen haben, das sich Rochen nennt. Aber der Ameisenbär hatte ja keine Ahnung. Bestimmt wollte er uns nur beruhigen. Er saß ja den ganzen Tag über seinen Büchern und bekam von dieser, unserer wirklichen Welt nur die Hälfte mit. Wir wussten jedoch jetzt, dass wir beim Tauchen größte Obacht geben mussten und dem Erfahrensten unter uns 100-prozentig vertrauen mussten. Beim nächsten Mal wären wir vorbereitet und das Wassergespenst könnte uns nicht nocheinmal so einen aufregenden Schreck einjagen. Leider konnten wir für die Nacht keinen Autopilot einstellen, denn der Delphin hatte Nachtwache. Deshalb banden wir das Ruder so fest, dass die Segel gut gefüllt waren und keine ungeplante Kursänderung uns aus der Bahn werfen konnte. Wir verließen uns ganz auf diesen seltsamen Typen, von dem der Ameisenbär uns immer erzählte.

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Das Hörbuch ‘Herr der Gezeiten’ mit ungefähr 83 Minuten Spiellänge können Sie per Mail an me[at]evering[dot]eu bestellen. Die Kosten inklusive Versand betragen deutschlandweit 12 Euro und weltweit 16 Euro.

Hörbuch ‘Herr der Gezeiten’

Ab sofort ist das Hörbuch ‘Herr der Gezeiten’ mit einer Dauer von 83:27 min als handelsübliche Doppel-CD erhältlich. Bestellungen werden unter me[at]evering[dot]eu entgegengenommen.

Über den Autor:
Geboren 1968, im Jahr, das einer Generation den Namen verleihen sollte, wuchs der Autor als ältestes von 3 Kindern in einem kleinen Dorf in der ostwestfälischen Provinz auf. Das Abitur machte er quasi im Vorbeigehen, Bundeswehr, Zivildienst und ein Studium der Mathematik und der Naturwissenschaftlichen Informatik folgten. Höhere Gewalt zwang ihn schliesslich dazu, sich als Tischler zu versuchen, bevor er schliesslich in einer Umschulung in Hamburg zu seinem jetzigen Beruf als Anwendungsentwickler fand. Das eigene Unternehmen war nicht zum Erfolg prädestiniert, so dass wechselnde Beschäftigungen seither an der Tagesordnung waren und nun zu einem Arbeitsplatz auf dem dritten Arbeitsmarkt geführt haben. Seit Sommer 2012 arbeitet er in der Abteilung ‘Werbeservice’ des Industrieservice Radewigs, der ein Unternehmen der Lebenshilfe der Herforder Werkstätten gGmbH ist. Dort kämpfte er sich 10 Monate lang durch den Montagebereich BBB2, bevor er zu seinem jetzigen Alltagsjob in einer Werbe- und Druckabteilung fand. Der Autor versteht sich als eine Art Objekt des künstlerischen Schaffens und empfindet den Bleistift respektive die Tastatur lediglich als Medium. Am ersten längeren Roman wird gearbeitet.

Über den Text:
Vier Tiere machen sich auf eine Reise. Sie stoßen auf weitere Genossen und machen sich mit ihrem Segelfloß auf die Suche nach dem Herrn der Gezeiten. Während dieses abenteuerlichen Unterfangens erkennen sie nach und nach die wahre Natur ihres Herrn.

Es handelt sich um das Protokoll des auf diesem Blog gehosteten Weblogprojektes, das auch als kurze Erzählung gelesen werden kann. Der Text entstand nach und nach und ist auch hier unter der Kategorie ‘Herr der Gezeiten’ zu lesen.

Über das Hörbuch:
Der Text wurde professionell mit Hilfe der Film- und Medienwerkstatt Goldfisch-Media eingelesen. Ein illustriertes Cover ist noch nicht ganz produktionsbereit. Das Produkt ist als handelsübliche Audio-Doppel-CD mit einer Gesamtspieldauer von 83:27 min sowie als Buch erhältlich.

Links:
http://www.lebenshilfe-herford.de/lh/werkstaetten/isr.php
http://www.goldfisch-media.de/
http://www.lebenshilfe-herford.de/lh/stiftung/
http://www.bod.de/buch/matthias-evering/herr-der-gezeiten/9783735791498.html
http://ewing.jimdo.com/

money

Sternzeit 1462,8

Flash.
Ongoing.
Frankfurt.
Hier nun also, in der Stadt des Geldes und der Titanic, ereilte Maurie das Schicksal in Form der Humorpolizei. Angeklagter, Ihnen wird zu Last gelegt, Sie hätten die eigene Existenz seit Jahrzehnten verleugnet, Sie nehmen sich ein wenig zu Ernst und haben nichts zur humoristischen Erbauung Ihrer Umwelt beigetragen. Was haben Sie zu diesen schweren Vorwürfen und zu Ihrer Verteidigung vorzubringen ?

Ähem.

Nun, weiterhin gehen Sie nur 20 von 21 Werktagen arbeiten, und allzuoft verschlafen Sie, weil Sie den Wecker beim ersten Klingeln ständig ausstellen und auf den Allmächtigen vertrauen, rechtzeitig wieder aufzuwachen…

Ähem.

Des Weiteren gehen Sie viel zu leichtfertig mit dem wenigen Geld um, das Sie verdienen, ob Sie nun arbeiten gehen oder nicht.

Ähem, pssssst, wenn ich nicht komme, werden mir achtzehn Euronen abgezogen.

Null und nichtig. Sie sind ein Choleriker. Sie sind verkorkst. Sie sind intelligent, aber faul. Disziplin ist ein Fremdwort für Sie. Sie jonglieren mit ihren Chefs und Betreuern und haben keine Ahnung von der Ernsthaftigkeit des Lebens.

Welchen Lebens ? Das aus arbeiten, essen, schlafen, Sessel, Stuhl, Bett besteht ?

Was wollen Sie Ihrem Neffen erzählen, womit Sie Ihr Geld verdienen ?

Der zumindest wird lachen.

Maurie begann, sich auszuziehen. Angeklagter, wollen Sie die Autorität der Humorpolizei untergraben ? Ist Ihnen der Ernst der Lage etwa nicht bewusst ? Beim linken Socken machte Maurie eine Pause. Er hatte seit fünf Stunden nicht geraucht und auch sein letztes Bier war einige Tage her. ANGEKLAGTER ! Ich liefere den Beweis, dass die Verschwörungstheoretiker Recht haben. Seit Monaten bezahle ich mit meiner Tätowierung. Die Blättchen kommen von Ebay. Ich ernähre mich spartanisch, damit ich mir den Smoke leisten kann. Ich habe nichts, aber auch gar nichts zu meiner Verteidigung vorzubringen. Aber der Beweis schlummert in meinem Bewusstsein. Und unter meiner Haut. Keylogger on. Man hat mich durcheinandergebracht. Ciompi. Luhmann. Brecht. Vonnegut. Vachss. Schmidt. Maurie hatte die Dachpfannen mit Bierflaschen verwechselt, als er Glasziegel holen sollte. Das war eine Lektion. Maurie wurde mitgenommen und festgesetzt. Also musste er auf den nächsten Flash warten. Aber nun endlich war er auf einem Weg. Wohin ? Wer weiss das schon… Er ging in die Gemeinschaftsdusche. Duschgel brauchte er nicht. Und wieder hatte er es versucht. Weiter im Text. Flash.