money

Sternzeit 1462,8

Flash.
Ongoing.
Frankfurt.
Hier nun also, in der Stadt des Geldes und der Titanic, ereilte Maurie das Schicksal in Form der Humorpolizei. Angeklagter, Ihnen wird zu Last gelegt, Sie hätten die eigene Existenz seit Jahrzehnten verleugnet, Sie nehmen sich ein wenig zu Ernst und haben nichts zur humoristischen Erbauung Ihrer Umwelt beigetragen. Was haben Sie zu diesen schweren Vorwürfen und zu Ihrer Verteidigung vorzubringen ?

Ähem.

Nun, weiterhin gehen Sie nur 20 von 21 Werktagen arbeiten, und allzuoft verschlafen Sie, weil Sie den Wecker beim ersten Klingeln ständig ausstellen und auf den Allmächtigen vertrauen, rechtzeitig wieder aufzuwachen…

Ähem.

Des Weiteren gehen Sie viel zu leichtfertig mit dem wenigen Geld um, das Sie verdienen, ob Sie nun arbeiten gehen oder nicht.

Ähem, pssssst, wenn ich nicht komme, werden mir achtzehn Euronen abgezogen.

Null und nichtig. Sie sind ein Choleriker. Sie sind verkorkst. Sie sind intelligent, aber faul. Disziplin ist ein Fremdwort für Sie. Sie jonglieren mit ihren Chefs und Betreuern und haben keine Ahnung von der Ernsthaftigkeit des Lebens.

Welchen Lebens ? Das aus arbeiten, essen, schlafen, Sessel, Stuhl, Bett besteht ?

Was wollen Sie Ihrem Neffen erzählen, womit Sie Ihr Geld verdienen ?

Der zumindest wird lachen.

Maurie begann, sich auszuziehen. Angeklagter, wollen Sie die Autorität der Humorpolizei untergraben ? Ist Ihnen der Ernst der Lage etwa nicht bewusst ? Beim linken Socken machte Maurie eine Pause. Er hatte seit fünf Stunden nicht geraucht und auch sein letztes Bier war einige Tage her. ANGEKLAGTER ! Ich liefere den Beweis, dass die Verschwörungstheoretiker Recht haben. Seit Monaten bezahle ich mit meiner Tätowierung. Die Blättchen kommen von Ebay. Ich ernähre mich spartanisch, damit ich mir den Smoke leisten kann. Ich habe nichts, aber auch gar nichts zu meiner Verteidigung vorzubringen. Aber der Beweis schlummert in meinem Bewusstsein. Und unter meiner Haut. Keylogger on. Man hat mich durcheinandergebracht. Ciompi. Luhmann. Brecht. Vonnegut. Vachss. Schmidt. Maurie hatte die Dachpfannen mit Bierflaschen verwechselt, als er Glasziegel holen sollte. Das war eine Lektion. Maurie wurde mitgenommen und festgesetzt. Also musste er auf den nächsten Flash warten. Aber nun endlich war er auf einem Weg. Wohin ? Wer weiss das schon… Er ging in die Gemeinschaftsdusche. Duschgel brauchte er nicht. Und wieder hatte er es versucht. Weiter im Text. Flash.

Verwirrt

Sternzeit 1302,3

Heute morgen wachte ich etwas verwirrt auf. Nicht direkt wie Kafka’ s Käfer aber so ähnlich. Ich vergaß, mir die Zähne zu putzen und versuchte, Kaffee zu rauchen. Diesen Fehler bemerkte ich jedoch schnell. Als ich das Haus verließ, hatte ich zwei verschiedene Schuhe an und keinen Schlüssel dabei. Auch den Weg zu meiner Arbeitsstelle fand ich nicht auf Anhieb. Ich machte einen Zwischenstop im Arbeitslosenzentrum, um mich aufzuwärmen. Dort gab es eine Lebensmittelausgabe, an der ich jedoch nicht teilnahm. Mit den Menschen redete ich nicht. Der Forschergeist trieb mich wieder auf die Strasse und in den nächsten Supermarkt, ich hatte keinen marokkanischen Minztee mehr. Ich bezahlte mit meiner Tätowierung und ging in den Park, Tauben füttern. Das war vielleicht mal ein dankbares Publikum ! Ich jonglierte und rezitierte Vonnegut. Das war einer meiner Tinte-auf-Papier-Helden, neben dem Frontkämpfer Vachss. Plötzlich erschien Bernie. ‘Wir machen uns Sorgen’, sagte er. ‘Bei uns läuft auch alles drunter und drüber. Die Maulwurfine musste den Octopus soeben in die Psychiatrie bringen, er hat eine’, er machte eine Pause, ‘Tsychose oder so. Das war doch klar, bei seinem Zackenplanktonkonsum.’ ‘Wir werden ihn besuchen, wenn sie uns lassen.’ sagte ich und packte meine Jonglierbälle ein. Dann nahmen wir den Bus ins Krankenhaus. An der Information spielte das Computersystem verrückt, so dass wir nicht herausfinden konnten, auf welcher Station sie den Octopus untergebrachte hatten. Wir versuchten es zunächst auf den Offenen. Auf AC8 fanden wir ihn schließlich im Raucherzimmer. Er sprudelte förmlich über, so froh war er, uns zu sehen. ‘Die Kameras, die Kameras !’ rief er. Ein Pfleger kam, teilte uns die Uhrzeit mit und sagte, in einer halben Stunde gäbe es Mittagessen. Bernie rief den Frosch an und fragte nach dem Weg zum nächsten Tabakladen. Wir konnten den Octopus ja nicht auf dem Trockenen sitzen lassen. Ein nackter Mann ging über den Flur. Wir versuchten, Vertrauen und Kommunikation zu O. aufzubauen, jedoch verlangte der, endlich Günther, das Schwein zu sprechen. Wir konnten ihm nicht vermitteln, dass Günther tot war. ‘Mein Schweinehund, mein Schweinehund’, rief O. Wir ließen dem Octopus noch seine Hygieneausrüstung zurück und machten uns wieder auf den Weg, auch wenn wir ein mulmiges Gefühl hatten, ihn der Obhut einer obskuren Klinik am Rande des Universums zu überlassen. Ich nahm Kontakt zum Grizzly auf. Der hatte immer so logische Ideen. Meine Haustür sollte kein größeres Problem darstellen.

Sternzeit 1302,4

post-Post (Life is fine)

Rainer Ptacek

barefoot rock

Im Titel genannter Track ist auf verzeichneter Scheibe von Rainer Ptacek [R.I.P.] im Jahre 1986 erschienen. Der Song ist ein L-Song. Die Scheibe ist als Re-Release in meinem Besitz und läuft im Moment. Der Musiker mit dem schlichten Künstler- und echtem Namen Rainer weilt nicht mehr unter uns. Ich schmelze und werde klein, wenn ich diesen Song höre. Eine Ode an das Leben. Hier handelt es sich im besten Sinne des Wortes um barefoot rock. I could have died for love, but for living I was born. You may even see me cry. Der Autor identifiziert sich so stark mit gewissen Einflüssen aus Wort, Bild und Musik, dass einfach Assoziationen mit göttlichem Gedankengut aus den Tiefen des (Un-)Bewusstseins auftauchen müssen. Amen, ich sage Euch, der Weg, die Wahrheit und das Leben schmeißt nicht mit Steinen. Im bisherigen Urlaub wurde die Wohnung von Kleberesten an diversen Fenstern befreit und Dankbarkeit zwar nach der ersten Zigarette aber noch vor dem occasional Frühstück nach oben weitergeleitet. Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Die Stimmen, die einem Wertlosigkeit, Hass und Verachtung implementieren wollen sind zwar noch nicht ganz verstummt und in den Keller der Vergangenheit verbannt, jedoch wird die Färbung etwas positiver. 2 (zwei) Tage bis zur nächsten Psychotherapie, die ich hier und jetzt bewusst als Tsychotherapie beschreiben will. Hier handelt es sich nicht um einen Typ-O. Wenn man blind ist kann man vielleicht noch Farben schmecken, sicher scheint mir zu sein, selbst wenn man taub ist, kann man den Bass noch mit dem Bauch hören respektive *fühlen*.

Life is fine.