hingestrecktes wild – Stimmenrausch 2014-10-24

Hans Lehnert, zum 115ten; Champion Jack Dupree, zum 105ten; Uli Stein, zum 60sten; Krsstana Iwanowa Janewa, 70ster Todestag; Oskar Werner, 30ster Todestag (23. Oktober)
Hertha Koenig, zum 130sten; Gustav Wied, 100ster Todestag; Otto Schmirgal, 70ster Todestag; Werner Seelenbinder, 70ster Todestag; Erich Wustmann, 20ster Todestag

»Aber gibt es denn in Paris nichts anderes, als nur ausgehaltene Frauen oder Schauspielerinnen?« fragte Armida enttäuscht.
»Wir kennen nur solche. Es gibt wohl auch anständige Frauen, aber die sind reich, das sind Töchter von Finanzleuten oder aus vornehmer Familie.«
»Aber was könnte denn eine Unglückliche ohne Mittel, die anständig bleiben will, in Paris anfangen?«
»Die müßte eine Stellung als Dienstmädchen oder Arbeiterin suchen, Dienstmädchen wäre noch vorzuziehen, den Arbeiterinnen geht es zu schlecht. Aber beide sind noch mehr verachtet, als die ausgehaltenen Mädchen und leben dabei in Armut: Sie endigen schließlich, indem sie sich doch der Schande preisgeben oder in Elend verfallen.«

Rétif de la Bretonne, zum 280sten; aus: “Zeitgenössinnen”, übersetzt von Heinrich Conrad
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ergötzet an sich – Stimmenrausch 2014-10-22

Sarah Bernhardt, zum 170sten; Otto Krayer, zum 115ten; Doris Lessing, zum 95sten; Oswald de Andrade, 60ster Todestag; Nadia Boulanger, 35ster Todestag

“Diese Haltung hat ihre Grundlage in meiner Auffassung von der Arbeit eines Schriftstellers. Ein Schriftsteller, der politisch oder literarisch Stellung nimmt, sollte nur mit den Mitteln handeln, die die seinen sind – mit dem geschriebenen Wort. Alle Auszeichnungen, die er erhält, können seine Leser einem Druck aussetzen, den ich für unerwünscht halte. Es ist nicht dasselbe, ob ich “Jean-Paul Sartre” oder “Jean-Paul Sartre, Nobelpreisträger” unterzeichne.”

zu seiner Ablehnung des Literaturnobelpreises vor 50 Jahren, zitiert nach Christian Linder

unwertes würde stammtischsozialdemokratie…

abfall, überschuß, verdorbenes, abgelaufenes, unverkäufliches
für den markt wertloses wird in deutschland selektiert
in containern isoliert, weggeschlossen und zum
transport in die vernichtung bereitgestellt
das erinnert an schlechte tradition
inzwischen gibt es den weg daran vorbei
lebensmittel werden teils als almosen entsorgt
migranten die vermehrt anfallen dürfen nicht arbeiten
sollen nach altbewährter sitte in dt. lagern konzentriert werden
wollen wir uns ganz schnell wieder daran gewöhnen
daß würdige unterbringung in blechcontainern
für unterversicherte, joblose, agrarsklaven
dem einheimischen prekarierpack
demnächst auf die art sichergestellt wird
um die kosten für steuerzahler zu minimieren
dann muß auch darin ein materieller & qualitativer
mindestabstand zu knackis, irren und halbtoten geboten sein
auch für studenten, rentner und als tourivergnügen
wird bei verknapptem wohnraum in der stadt
eine unterbringung im diogenes-blech
phasenweise eine sehr attraktive
alternative zu überholten ansprüchen
bei durchaus preiswerter lebensgestaltung
inmitten der leistungsträger unserer gesellschaft
als experimentierfeld mit künstlerischem ambiente empfohlen

ideologien wie nationalsozialismus, kapitalismus, faschismus, sozialdemokratie
bilden in den auswirkungen auf unsere gesinnung immer größere schnittmengen…
der interessierte lese zu den begriffen faulheit, freiheit, grundeinkommen den text von
Robert Schurz, promovierter Philosoph und praktizierender Psychotherapeut
http:​//www.​ndr.​de/ndrkultur/sendungen/glauben​ssachen/gsmanuskript678.pdf
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wanderndes maskenspiel – Stimmenrausch 2014-10-21

Claire Waldoff, zum 130sten; François Truffaut, 30ster Todestag; Heinz Czechowski, 5ter Todestag

Kinderlied (1950!)

Der Tag ist schön
und die Nacht ist schön,
der Frühling kommt bald
und der Sommer auch,
und immer sind wir froh.

Der Herbst kommt in dem Leben.

Der Winter kommt in dem Leben.

Dann können die Kinder Schlitten fahren.

Und dann kommt Ostern,
und die Länder alle sieht man nicht.

Martin Roda Becher, zum 70sten; zit. n. Der Spiegel 27/1954

“Wie immer fühle ich aber auch eine endlose Traurigkeit, die meine Seele beschleicht, ein unbeschreibliches Verlangen nach etwas, das ich nicht in Worte fassen kann, Wehmut über ein Woanders, das ich nicht benennen kann.”

Isabelle Eberhardt, zum 110ten Todestag; z.n.w.

But then they danced down the streets like dingledodies, and I shambled after as I’ve been doing all my life after people who interest me, because the only people for me are the mad ones, the ones who are mad to live, mad to talk, mad to be saved, desirous of everything at the same time, the ones that never yawn or say a commonplace thing, but burn, burn, burn like fabulous yellow roman candles exploding like spiders across the stars and in the middle you see the blue centerlight pop and everybody goes ‘Awww!’

Jack Kerouac, zum 45sten Todestag; from: “On the Road” 1957
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nach mustern der höhlenmalerei – Stimmenrausch 2014-10-20

Miguel Ángel Asturias, zum115ten; Eva-Maria Hagen, zum 80sten; Peter Tosh, zum 70sten; Henri Michaux, 30ster Todestag; Nathalie Sarraute, 15ter Todestag (19. Oktober)
John Dewey, zum 155sten

“Wenn die alten Schwachköpfe nicht zu einer völlig falschen Vorstellung vom Ich gelangten, brauchten wir heute nicht diese Millionen von Skeletten wegzukehren, die schon eine Ewigkeit immer neue Produkte ihres bornierten Verstandes anhäufen und sich deshalb Autoren nennen.”

Arthur Rimbaud, zum 160sten; gemein

und so wahr…

reime ziehen im trüben zinsfick

stößchen müller rotsalat
wer zieht die kuh vom eis
ich & du es ist müllers kuh
der stellt sie nun aufs gleis
supersexy randbebauung
so smart ist heißer scheiß
wohnungswirtschaft das bist du
was uns jetzte blüht das weiß
wer die tratte aufs ghetto zieht
hände schmieren geht so leis
müllers kuh gibt grauen quark
schau mal da den ganzen…
um den leni-riefenstahl-park
denn der balina sozi weiß
müller planiert den ganzen tag
seine stiere sind schon heiß
erwarten nächste personalie
rentenanwart & flughafengreis
und da bricht’s ab…
es fehlt der letzte Fleiß
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knochen zu beflöten – Stimmenrausch oct_xy

Henri-Louis Bergson, zum 155sten; Fermin Rocker, 10ter Todestag

“Der Krieg befördert die Mordtriebe des Menschen zutage. Ein Gemeinplatz; aber der größte Teil der Menschen zieht daraus sonderbarer Weise noch immer nicht die sich anbietenden gesellschaftlichen Lehren.”

Tibor Déry, zum 120sten; zitiert nach dfg-vk-bonn-rhein-sieg

“Ich habe gelernt, man brauche sich nicht soviel einzubilden, auch wenn die Kapelle für einen spielt. Auch für dich, wie für alle andern, wird die Stunde kommen, da nicht die Musikkapelle, sondern die Glocke tönen wird.”

Norberto Bobbio, zum 105ten; zitiert nach Dietmar Polaczek

MIT DER NASE
gegen
das Moos. Mit der Nase
gegen den Spiegel. Mit

der Nase
gegen
den Rücken der
Geliebten. Sodass er den Gewehrlauf

im
Nacken
nicht
spürt.

Jan Erik Vold, zum 75sten; in: Zwölf Meditationen, Frauenfeld 2008; Übersetzung: Walter Baumgartner
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tänzeln hinter tapeten – Stimmenrausch 2014-10-17

Eduard Hamm, zum 135sten; Rembrandt Bugatti, zum 130sten; Gottfried Kölwel, zum 125sten; Corinna Harfouch, zum Geburtstag
Maximilian Adler, 70ster Todestag (16. Oktober)
Robert Kempner, zum 115ten; Fryderyk Franciszek Chopin, 165ster Todestag; Adolf Richard Hölzel, 80ster Todestag (17. Oktober)

Zunächst ist es selbstverständlich, daß es [das Proletariat] nachholen wird, was die Bourgeoisie versäumt hat. Es wird alle Reste des Feudalismus wegfegen und das demokratische Programm, welches auch die Bourgeoisie einmal vertreten hat, zur Wahrheit machen.
[…]
Das Monopol auf Bildung den besitzenden Klassen zu entreißen, mußte immer zu den Wünschen des denkenden Teils des Proletariats gehören.

Karl Kautsky, zum 160sten; aus: “Die Expropriation der Expropriateure”, in: Am Tage nach der sozialen Revolution (1902);
exemplarisch für fortschrittliches reden & schreiben, bei opportunistischem handeln und fehlender haltung in der dt. sozialdemokratie

“Bei der Wahl seiner Feinde kann man nicht vorsichtig genug sein.”

Oscar Wilde, zum 160sten; z.n.w.

“Traue den Menschen nicht . Roh und herzlos sind sie alle.”

Otto Mueller, zum 140sten; z.n.w.

Jeden Happen zählt mir das
in den Hals, das schnappt vom Munde
mir das Wort – und ich verlass
eben darauf mich, ihr Hunde!

Jakub Bart-Cisinski, zum 105ten Todestag; im Gedicht “Hunde, Hunde”,
aus: Im Fieber. Gedichte, aus dem Obersorbischen von Peter Thiemann, Albert Wawrik und Kito Lorenc
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in moosig verkappten schädeln – Stimmenrausch 2014-10-13

Perversity

That day I wore a red gown
Because I could not hide
The warming flame in me – But you
Thought scarlet meant my pride.

And so I wore a black gown,
To prove my humbleness:
But you instead took black to be
A sign of bitterness.

I dare not wear a white gown
My honesty to show:
You’d take it for a shroud, no doubt
Uncomforting as snow.
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seeliges vorbeter(n)glauben – Stimmenrausch 2014-10-04

“An die Kulturwelt! Ein Aufruf
[…]
Glaubt uns! Glaubt, daß wir diesen Kampf zu Ende kämpfen werden als ein Kulturvolk, dem das Vermächtnis eines Goethe, eines Beethoven, eines Kant ebenso heilig ist wie sein Herd und seine Scholle.

Dafür stehen wir Euch ein mit unserem Namen und mit unserer Ehre!”
– 93 Unterzeichnende: Manifest vom 4. Oktober 1914

100 jahre nach dieser rassistischen & nationalistischen schmähschrift steckt die deutsche kulturnation wieder in diversen internationalen konflikten, um mit deutschen waffen und deutscher waffenhilfe deutsche interessen im ausland gewaltsam durchzusetzen. aber sie zeigen sich heute nicht mehr, feige köpfe der intellektuellen friedenszersetzer an den universitäten, in den gewerkschaften, in den kirchen, die diese machenschaften insgeheim gutheißen, weil sie ihrem klassimus entsprechen, der stellvertreterkriege als gewaltige umverteilungsprojekte päppelt sowie freihandel als den neuen “kalten” krieg installiert.
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fideles stillschweigen – Stimmenrausch 2014-10-03

“Writing has laws of perspective, of light and shade just as painting does, or music. If you are born knowing them, fine. If not, learn them. Then rearrange the rules to suit yourself.”

“To me, the greatest pleasure of writing is not what it’s about, but the inner music that words make.”

Truman Capote, zum 90sten (30. September); common
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wie man sie eben heut so hat – Stimmenrausch 2014-09-22

Ricardo Flores Magón, zum 140sten; Alfred Klahr, zum 110ten; Reinhard Döhl, zum 80sten; Breyten Breytenbach, zum 75sten; Arno Behrisch, 25ster Todestag; Livio Maitan, 10ter Todestag; Mary Travers, 5ter Todestag (16. September)
Karl Hillebrand, zum 185sten; Stirling Moss, zum 85sten; Klaus-Jürgen Tillmann, zum 70sten; Reinhold Messner, zum 70sten; Vicente Salias, 200ster Todestag; Walter Savage Landor, 150ster Todestag; René Graetz, 40ster Todestag (17. September)

Die vorgefaßte Meinung ist wohl eine der wichtigsten … Wir würden selbst nachdenken müssen, […]; oft aber können wir nicht selbst denken, und noch öfter sind wir zu bequem dazu. Ohne uns also weiter zu bekümmern, sagen wir in kindlichem Gehorsam nach, was unsere Mutter und Großmutter vor uns gesagt haben, und diese waren doch auch christliche Weiber! Dergleichen Leser sind in der That mehr zu bedauern als zu bestrafen. Sie können bei ihrer gemächlichen Unempfindlichkeit immer ganz fromme Leute sein, denn viele Leute sind auch aus Dummheit fromm, und ihre guten Absichten ersetzen das, was ihnen am Verstande fehlt.

Gottlieb Wilhelm Rabener, zum 300sten; aus: “Von dem Mißbrauch der Satire.” 1751

Wem hab ich zu danken?
Dass ich ihm fluche
Wer hiess mich fremdling
Zu sein mit euch?

Karl Wolfskehl, zum 145sten; aus: “An den alten Wassern IV”, in: Blätter für die Kunst 1902

“Wir leben von der verwelkten Hand in den zahnlosen Mund.”

Jürgen Kuczynski, zum 110ten; z.n.w.
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