Der Weg

Sternzeit 0979,1

Nachdem alle ausgeschlafen hatten, gab es morgens – wie bei einem Nachbeben – noch einmal etwas Aufregung. Die Delphine hatten von Weitem eine Haifischflosse erspäht und warnten uns. Der Hai drehte jedoch wieder ab. Nun begannen lebhafte Diskussionen über den weiteren Weg. Der Frosch, die Giraffe und der Octopus wollten unseren Kurs beibehalten, die Fledermaus, die sich zusehends erholte, der Ameisenbär und die Delphine waren für eine Kursänderung. Die Spinne zog sich meinungslos in ihr Kabuff zurück. Schliesslich entschieden wir uns für eine Kursänderung mehr nördlich und alle trugen die Entscheidung mit. Wir wollten mehr vom Ameisenbär erfahren. Dieses Wort, das er gestern benutzt hatte – Segen – war uns nämlich nur vom Hörensagen bekannt. Man gratulierte damit bei einem Geburtstag zum Beispiel. Der Ameisenbär gab sich jedoch wortkarg und verwies auf den Psalm im Logbuch. Als die Fledermaus ein Lied anstimmte, schien der Bär sogar ein wenig zu lächeln und wir fielen alle ein. Wir holten den Anker ein und waren den ganzen restlichen Tag unterwegs in die vermutete Richtung. Als die Delphine die Nachtwache übernahmen, hatte es wieder abgeflaut – wie öfters abends auf See. Unser Delphin blätterte ein wenig im Logbuch, schliesslich malte er sogar ein Bild von seiner Geliebten aus der Erinnerung hinein, bis dann endlich der Mond – nun wieder sichtbar – auf unsere erschöpfte Mannschaft schien. Sie würden zusammenhalten und beharrlich weitersuchen. Nun wussten sie wenigstens, dass der Herr der Gezeiten sie nicht ignorierte. Das wäre auch schwer aushaltbar gewesen. Backbord rot, steuerbord grün, achtern weiss.

Kaffee

Sternzeit 0972,8

Der heutige Tag begann ganz grossartig. Der Octupus hat uns einen fabelhaften Kaffee zum Frühstück gebraut. Woher er das wohl kann ? Da es ein wundervoller Sommertag war, beschlossen wir, heute mal fünfe gerade und die Seele baumeln zu lassen. Wir hörten den ganzen Tag nichts als Dub. Der Frosch und der Ameisenbär waren in tiefgründige Gespräche verwickelt und der Octupus und die Delphine spielten Seenotrettung. Wenn ich so dran denke, wie ich zu dieser Truppe geriet, muss ich gestehen, ich ziehe eine göttliche Führung ernsthaft in Betracht. Ich jagte Insekten und geriet aufs offene Meer. Meine Kräfte waren schon sehr erschöpft, als ich ins Grossegel unserer Mannschaft geriet. Hatte ich doch normalerweise nächtelang nichts besseres zu tun als im Zick-Zack zu fliegen, habe ich nun meinen Platz gefunden und gehe einer erfüllenden Aufgabe nach. Auch mein Sprachfehler war kein Hindernis, vom ersten Tag an wohlwollend aufgenommen zu werden. Der Ameisenbär wird nicht müde, uns zu erzählen, wir seien auf dem richtigen Weg. Manchmal frage ich mich, was wir wohl machen würden, wenn wir den Herrn der Gezeiten tatsächlich finden. Leise höre ich den Seegang plätschern und hänge so meinen Gedanken nach. Auch ich habe am jetzigen Kurs nichts auszusetzen. Ich fühle mich gut ausgeruht und mit allem notwendigen Werkzeug für die wichtige Nachtwache ausgerüstet. Das grüne Steuerbordpositionslicht funktioniert auch wieder ordnungsgemäß. Von weitem sehe ich die Fluken der Delphine, sie sind ausser mir die einzigen, die noch nicht schlafen. Der Mond ist bereits wieder zunehmend und ich werde in einigen Stunden alle ganz sanft wecken. Und während die Tinte trocknet und ich das Logbuch zuklappe, schüttelt der Herr der Gezeiten nur ganz langsam und leise mit dem Kopf. Was für ein Unternehmen !

Fledermaus