Reise
Schmunzelfieber
Sternzeit 1465,1
Nach dem nächsten Flash waren unsere drei Piloten wieder vereint. Die Windmühle hatte sich als Fluggerät bewährt. Im Alltag galt es zu navigieren und das Ziel der Mission nicht aus den Augen zu verlieren. Also starteten sie heute in Richtung Niederlande. Nicht wegen dem Gras, oh nein. Ruckelnd erhob sich die Dark Shadow. Sie ließen die westfälische Landschaft hinter sich und kümmerten sich einen Moment um Fridge. Jane gab ihm seinen Markknochen. John und Jane verstanden Maurie nicht immer, seine Marotten waren doch von Zeit zu Zeit schwer zu verstehen. Doch sie standen hinter ihm, wenn er sagte Kurs Nordwest, flogen sie nach Nordwest. Sie waren etwa in Höhe 300 Fuss und über Enschede, als eine Meldung eintraf. Sie handelte von Fussball. Da würden sie sich eine Auszeit nehmen und in Amsterdam am Public Viewing teilnehmen.
Flash.
In der Heimat schmunzelten bereits alle. Niemand hatte es fertiggebracht, Maurie zu desillusionieren. Also ließen sie ihn gewähren. Er würde es früh genug mitbekommen, da waren alle sicher.
Flash.
Amsterdam, La Tertulia. Sie tranken Milchshakes. Bald würde Anstoß sein.
Kerker
Sternzeit 1463,4
Flash.
Maurie im Kerker.
Unter den Mitgefangenen begann sich langsam aber sicher gute Laune zu verbreiten. Alle hatten etwas auf dem Kerbholz. Die Humorpolizei ist eine überaus wichtige Einrichtung einer Demokratie. Maurie und sein Team hatten lange nicht kommuniziert. Nicht jeder hatte eine Herde tierischer Kumpels. John und Jane saßen in der Windmühle in Enger fest. ‘Kollege, was hast Du verbrochen ?’ fragte Maurie einen seiner Zellengenossen. ‘Ich habe während einer Jura-Vorlesung gelacht.’ antwortete der. Maurie gab Anekdoten seiner erlebten Reisen zum Besten. Sie spielten Skat. Sie rauchten. Sie tranken Tee. Sie beamten einen von ihnen raus, nach Hause. Ein Wärter kam und öffnete die Zellentüren. ‘Leute, Ihr seid zum Abendessen beim Chef eingeladen.’ Manche wollten sich nicht korrumpieren lassen. Die meisten allerdings gingen hin. ‘Warum werden wir hier festgehalten ?’ fragte Maurie. Der Grizzly konnte ihm in dieser Angelegenheit nicht remote helfen. ‘Political Correctness’. ‘Eine Bande Verbrecher.’ ‘Ganz arme Schweine.’ ‘Geldgierige Demagogen’. ‘Auch ein paar Idealisten.’
Flash.
Enger.
John und Jane beim Backgammon. ‘Haben wir seine Koordinaten ?’ ‘Latürnich’. ‘Seine Liste ist lang.’ ‘Ohne Zweifel’. ‘Ist er sich seiner Schuld bewusst ?’ ‘In keinem Falle.’ Jane bot eine Verdoppelung an. John nahm an. ‘Können wir ihn rausholen ?’ ‘…wir könnten…vielleicht…kommt auf einen Versuch an…besser, wir lassen ihn die Erfahrung machen…der nächste Flash kommt…
Alle Türen waren wieder abgeschlossen.
Reisepläne – Plans for a journey
Sternzeit 1291,6
Die Mannschaft traf sich bei Bernie im Tigerkäfig, um die nächste Reise vorzubereiten. Der Octopus hatte ein Windmühlenraumschiff entdeckt, das darauf wartete, erobert zu werden. Die Maulwurfine war zusammen mit der Fledermaus und der Spinne erschienen. Der Ameisenbär hatte ein neues Logbuch besorgt. Der Delphin würde dieses Mal zu Hause bleiben, denn er fühlte sich nur in seinem Element wohl und musste sich um seine Gruppe kümmern. Der Frosch und die Giraffe hatten Chips mitgebracht. Dieses Mal würden auch die Schildkröte und die Mücke dabeisein. Man wälzte Sternkarten und stellte sich sogar vor, das Sonnensystem zu verlassen. Schliesslich einigte man sich aber darauf, es zunächst nur bis zum Mond zu versuchen. Bernie war zum Arzt gegangen und würde wegen einer AU eine Auszeit in der Werbeagentur geniessen. Würde die Windmühle funktionstüchtig sein ? Hätten sie genügend Proviant mit an Bord ? Wie würden sie navigieren ? Würden sie genügend Disziplin aufbringen, täglich Logbuch zu schreiben ? Was wäre, wenn sie auf Ausserirdische trafen ? Fragen, die in ihren Herzen hin und her bewegt werden wollten. Schliesslich fühlten sie sich aber doch ganz gut vorbereitet, und alle würden noch einmal zu Hause schlafen, bevor sie am nächsten Morgen einen Startversuch unternehmen wollten. Lediglich die Maufwurfine blieb noch bei Bernie. Sie hatte noch ein ernstes Wörtchen mit ihm zu reden, da Günther in den letzten Wochen etwas Überhand gewonnen hatte. Zusammen informierten sie sich mit Hilfe der Grizzly-K.I. über ‘Self-Esteem’. Ein Spaziergang um den Block würde den Tag abrunden. Bernie drehte sich eine. Als sie vom Spaziergang nach Hause kamen, leuchtete ein voller Mond. Das sollte ihr Ziel sein ? Welch ein wagemutiger Plan…
Schaf oder Löwe ?
Sternzeit 0951,3
Wir hatten unseren Kurs nach bestem Wissen und Gewissen überprüft und waren zu keinem Schluss gekommen. Der Ameisenbär war schliesslich der Meinung, dass wir grob nord-östlich weitersegeln mussten und deshalb nahmen wir Kurs Nord-Ost, 45°. Wir hatten unterdessen ein munteres Ratespielchen begonnen, was für ein Tier der Herr der Gezeiten wohl war… Hundkatzemaus, Fisch, Eisbär, Opossum, Insekt, Blauwal oder doch vielleicht ein Elefant. Der Ameisenbär erzählte uns, am ehesten würde er einem Schaf oder einem Löwen ähneln, zumindest hatte er das früher immer gedacht. Der Herr der Gezeiten war aber immer für eine Überraschung gut, soviel war sicher. Nach dem Stand der Sonne war es ungefär 4 – 5 Glasen und wir hatten Windstärke 6, als der Delphin mit einer neuen Meldung angeschwommen kam. Er hatte weitere Delphine entdeckt, darüber war er sehr froh. Wir entschlossen uns, den Delphin als Boten zu der Gruppe auszusenden. Um es kurz zu machen, die Delphine waren begeistert, ein Floß und einen Artgenossen gefunden zu haben, die sie begleiten konnten. Da hatten wir unsere Anzahl auf einen Schlag mindestens verdoppelt. Wir betrachteten die neuen Mitglieder unserer Mission als eine Art Eskorte. Wir fingen zwar keine Wale, aber da brauchten die Delphine wenigstens keine Angst zu haben, aus Versehen harpuniert zu werden. Und wie sie sich freuten… Wir verzeichneten unseren momentanen Kurs im Logbuch und fügten auch einige Noten hinzu, die die Fledermaus, die sehr musikalisch war, aus den Delphinliedern herausgehört hatte. Außerdem erlaubten wir ab sofort das öffentliche Rauchen, da wir es dem Frosch nicht zumuten wollten, immer bis zu seiner Wachschicht zu warten. Als der Mond schliesslich zu sehen war und der Delphinschwarm ihre erste Nachtschicht antrat, sahen wir schon langsam Gesichter in den Wellen. Ob die Delphine wohl mehr über unseren Herrn wussten, als sie zunächst zugeben wollten ? Jedenfalls waren es sehr intelligente Tiere und sie führten uns gut durch die Nacht. Am nächsten Tag wollten wir zum ersten Mal eine öffentliche Versammlung abhalten, um dem Herrn der Gezeiten zu danken, dass bisher alles gutgegangen war. Mit den Wochentagen kamen wir allerdings langsam durcheinander.
Delphinseele
Sternzeit 0923,0
So eine Delphinseele ist ein sehr zerbrechliches Gebilde. Ihr müsst wissen, einst hatte unser Delphin in einer Gemeinschaft mit anderen Delphinen gelebt. Diese Delphingruppe begleitete die Walfangboote westlich von Island. Delphine sind wunderschöne Geschöpfe und sie sind so leicht verliebt wie Schmetterlinge. Ein Delphin gehört in die Freiheit und nicht in ein rundes Wasserbassin, wo er durch das wiederkehrende Echo seiner Gesänge ständig durcheinandergerät. In so ein Bassin hatte unser Delphin nämlich seine Delphinpartnerin verloren, und seit Monaten kam er nicht über diesen Verlust hinweg. Deshalb wurde er so leicht melancholisch und schüttete sein Herz abwechselnd dem Frosch, dem Ameisenbär und der Giraffe aus. Dann wollte der Delphin wieder allein sein und schwomm eine halbe Seemeile voraus. Dass unsere Gemeinschaft zusammen weiterreisen wollte, stand jedoch außer Zweifel. Der Ameisenbär fand wunderbarerweise immer die richtigen Worte, um den unglücklichen Delphin wieder aufzubauen und ihn zu ermutigen. Dann machte der Delphin immer einen Luftsprung, sang ein Lied, dass er von den isländischen Walfängern gelernt hatte, und sei es noch so schief, und vergaß seinen Liebeskummer. Auch wenn unsere vier Gefährten es nur ahnten, las sich der liebe Gott jeden Abend das Logbuch durch und überlegte, welche Wunder er heute für seine heimliche Lieblingsfamilie auf Lager hatte. Meist schickte er lediglich eine leichte Brise, aber wenn er einen richtigen Sturm schickte – denn auch Stürme gehören zu einer Reise – war er sich doch sicher, dass der Ameisenbär in der Zeit seiner Unterweisung alles kapiert hatte, was man braucht, um ein guter Kapitän und Delphinseelsorger zu sein.
Während der nächsten Nacht schickte er deshalb eine Sternschnuppe für alle in Gefangenschaft lebenden Vagabunden, auch Kolibris und Mistkäfer.
Endlich Wind
Sternzeit 0921,9
Heute morgen frischte es mächtig auf. Wir waren den ganzen Tag lang ungeschützt den nautischen Elementen ausgeliefert. Wir mussten mächtig kreuzen und alle waren auf ihrem Posten mit ganzer Aufmerksamkeit gefragt. Die Giraffe behielt den Verklicker im Auge. Im passenden Moment fragte der Ameisenbär : ‘Klar zur Wende ?’, worauf der Frosch an der Fockschot antwortete : ‘Klar !’. Dann leitete der Ameisenbär die Wende ein und der Frosch musste im passenden Moment die Fockschot lösen und warten, bis der Wind ins Segel griff. Den Unterschied zwischen Luv und Lee hatten mittlerweile alle im Blut. Die Fock schlug um. Nun musste die Schot – das ist die Leine, mit der das Vorsegel befestigt ist – um die Klampe auf der anderen Seite gewickelt und mit einem Achterknoten gesichert werden und alle mussten sich umsetzen. Wenn der Baum umschlug, mussten wir unsere Köpfe ganz schön einziehen. Endlich verspürte auch der Delphin wieder eine gewisse Lebensfreude und sprang öfter einmal aus dem Wasser. Er umkreiste das Floß etwa in einer Viertel Seemeile Abstand. Land war schon lange nicht mehr in Sicht. Der Ameisenbär hatte sich die größte Mühe gegeben, einen brauchbaren Kurs auszurechnen und mit Zirkel und Geodreieck auf der Landkarte zu markieren. Die Gischt sprühte nur so. Manchmal ließen wir auch einfach die Füße im Wasser baumeln. Am Abend waren wir alle mächtig geschafft und hatten großen Hunger. Langsam, aber sicher wurden wir ein eingespieltes Team. Den Ameisenbär wählten wir uns alle ohne Zweifel zum Käptn, auch wenn er uns mit seinem Seemannsgarn vom lieben Gott manchmal mächtig auf den Senkel ging. Der Frosch hatte Nachtwache und rauchte heimlich eine Zigarette. Nun hatten wir alle genug von der Seeluft geschnuppert um Appetit auf weitere Segelabenteuer zu bekommen. Bevor wir in die Koje gingen, schrieb der Ameisenbär noch einen Satz ins Logbuch : Kurs gehalten. Bis hierher hat er uns gut geführt.
