Der best case

Betrachten wir die Möglichkeiten an Stelle der Einschränkungen. Kompromisslos positiv werden wir seit gestern wieder zur arbeitenden Bevölkerung gehören. Wir werden den ersten Tag absolviert haben, die Pendelfahrten wohlbehalten überstanden haben und zufrieden in unserem Sessel sitzen. Einschätzen wird man zu dem Zeitpunkt können, ob die Perspektive für das nächste halbe Jahr tragfähig ist. Ob eine Überforderung zu befürchten ist, ob wir mit unseren Ressourcen haushalten können und ob wir die notwendige Disziplin aufwenden können. Wenden wir uns also langfristigeren Überlegungen zu. Seit einer gefühlten Ewigkeit gärt es in mir. Abgesehen von Nichtigkeiten, die wir über Bord geworfen haben und von gelegentlicher Schlaflosigkeit sind allerdings keine bleibenden Schäden hinterblieben. Gewiss kann man optimieren. Das Gewissen und die Empathie jedoch, sie sind notwendige Bau- oder Bestandteile.

Die Empathie, die uns davon abhält, anderen Menschen zu schaden, wird uns früh vermittelt. Eine A.I. kann man mit unzähligen Trainingsdaten füttern, wie bringt man ihr allerdings Überlebenswillen bei und unterrichtet sie in Ethik ? Warum ist sie in Mathematik so schlecht ? Das läuft entgegen der Intuition. Des Weiteren ist folgender Sachverhalt schwer einzusehen. Auf der Straße liegen Scherben. Über die Scherben verläuft eine Brücke. Was geschieht nun, wenn ich mit einem Fahrrad über die Brücke fahre ? Die A.I. behauptet, ich bekomme einen platten Reifen. Offensichtlich fehlt eine kausale Betrachtung, ein physikalisches Verständnis und eine Einordnung, die über die reinen Trainingsdaten hinausgeht. Wie lernt man, wie man lernt, also ?

Erstens: es gibt physikalische Gesetze, die universell gültig sind. Darüber kann sich niemand hinwegsetzen. Zweitens: es gibt Gründe hinter den Gründen. Menschliches Verhalten im Allgemeinen und Motivationen und Vorgehensweisen im Besonderen sind manchmal zutiefst irrational. Denken Sie an die Bibliothek in Alexandria oder an die Palmblattbibliothek. An Raumfahrt und Weltumseglungen. An spielerische Herangehensweisen und an Verbindungen, die über Jahrzehnte halten. An Musik und Wälder und an Universitäten und an Kindergärten und an Eiscafés. Wie fördern wir unsere Schwächsten ? Wann setzt Abstraktionsfähigkeit ein ? Was macht uns als homo sapiens sapiens aus und wie sichern wir unsere Zukunft und auch die Zukunft irgendjemandes ? Bauen wir Mauern oder Brücken ? Was ist gesund, was fragwürdig ? Es ist nicht einzusehen, dass wir lediglich verwaltet werden. Pflanzen geringgeachtet werden oder Computerprogramme Entscheidungen fällen, ob wir einen Kredit bekommen. Die Schweigepflicht von Ärzten und Journalisten ausser Kraft gesetzt wird. Guidance is necessary.

Enjoy your life. It’s fragile.

4539 (Future, mother tongue)

Außer bei gewissen Singularitäten kann man die Naturgesetze nicht außer Kraft setzen. Das Web besteht jetzt seit circa 32 Jahren und hat sich mehrfach radikal gewandelt, nicht immer zum Besseren. Der erste Browser war auch ein Editor. Wenn man eine Korrektur für notwendig erachtet, sollte man sich ernsthaft mit Solid auseinandersetzen. Webseitenübergreifende Logins, Interoperabilität, eine Verbesserung der Privatsphäre durch echte Datenhoheit sowie Protokolle und Spezifikationen die die wahren Möglichkeiten von http(s) ausloten rücken in erreichbare Nähe. Wie ist es möglich, dass 1969 Videos bis zum und vom Mond gesendet wurden, uns allerdings 2020 das Teilen einer einfachen Bilddatei zwischen zwei 11 Kilometer entfernten Rechenzentren als technischer Fortschritt verkauft wird, wie durch Facebook und Google bzw. LinkedIn geschehen ? Als einigermaßen wacher Beobachter und mit einer gewissen Vorstellungskraft versehen merkt der User doch leicht, dass uns hier ein Apfel als Pferd verkauft wird, und es mal freundlich auszudrücken. Dass wir uns in einer Pandemie befinden, in der das Teilen von medizinischen Daten (unter anderem somatischer Art) notwendiger als jemals zuvor ist und wir uns mit der Ausgestaltung unserer Zukunft in einer post-pandemischen Welt auseinandersetzen sollten, ist eine greifbare Notwendigkeit. Die Bekämpfung von Hass und Verachtung in sozialen Netzwerken sowie die Schaffung und Veröffentlichung von nachprüfbaren Fakten ist nicht nur ein Sideeffect und eine Vision von spinnerten Computerfreaks, die sich in Tunneln und Echokammern mit Bits und Bytes beschäftigen sondern kann von Jedermann und Jederfrau leicht als wünschenswerter Fortschritt deklariert werden und sollte in der Phantasie und der Imagination unserer (digitalen) Zukunft bereits hier und heute stattfinden. Es darf auch erwähnt werden, dass Strukturen und Usability durchaus vereinfacht werden können, allerdings durch das Verweben des semantischen Netzes und der komplexen Natur des Sachverhaltes einiges an Nachdenken und Durchdringung durch gedankliche Beschäftigung notwendig ist.

Fortbildung heißt nicht, dass man sich durch die Bildzeitung bildet und das Gehirn anschließend fort ist.
Psychische und physische Gesundheit sind kein elitärer Club sondern unveräußerliche Menschenrechte.

1) https://solidproject.org
2) https://ex-in.de

reaching presence

Sternzeit 1296,3

Wir befinden uns in der Gegenwart und heute schreibe ich einen Logbucheintrag, der den vergangenen Tag zusammenfasst. Nachdem das Gravitationsexperiment geklappt hatte, nahmen sie endlich Kontakt auf. Mein jahrzehntelanges Warten hatte sich also gelohnt. Es ist ein Glück und keine Selbstverständlichkeit, dass die ganze Mannschaft die lange Reise zu mir geschafft hat. Meine Hütte hatte zwar nicht genügend Sitzplätze, aber wir haben unseren Erfahrungsaustausch trotzdem beginnen können. Im Moment sind alle in die Dark Shadow zurückgekehrt. Nun habe ich in der Vergangenheit so viele Lebensformen kennengelernt, dass diese bunte Mischung mich nicht mehr überraschen, aber dennoch bereichern konnte. Einer von ihnen ist allerdings schon tot. Bernie hat mir erzählt, er habe ihn eigenhändig umgebracht. Vielleicht war das notwendig. Meine Familie lebt weit verstreut und ich habe soeben mein Auskommen. Nachdem ich also mein Tagwerk im ZVQB verrichtet hatte, führte ich einige Autoexperimente durch, ohne Erfolg. Mein Modus ist im Moment wach und produktiv. Als ich mir eine neue Tasse meines Lieblingsgetränkes kochte und die Wäsche aufhing, musste ich einige Minuten nicht über sie nachdenken. Morgen würden mir wieder viele Artgenossen begegnen und ich freute mich nur mittelmäßig darauf. Allerdings musste ich zugeben, dass ich selbt auch nicht gerade der angenehmste Zeitgenosse war. Seit dem Kontakt zu den Teilen der Fauna, die im Windmühlenraumschiff nach Alpha Centauri gekommen waren, ging mir zwar langsam die Puste aus, aber heute habe ich weder herumgeschrien noch etwas zerstört. Ihr müsst wissen, ich habe eine biologische und eine soziale Familie. Für heute Nacht habe ich noch genug zu rauchen und seit 8 Tagen befinde ich mich im Trockenmodus. Schlaf bekomme ich genug. Ich möchte nicht versäumen, meinen Dank dem unbekannten Spender aus dem Sommer des vorvergangenen Sternjahres auszusprechen. Nun werde ich mich noch ein wenig mit der reichlich vorhandenen Unterhaltungselektronik verlustieren. Zum Glück kenne ich ihren Landeplatz. Zunehmender Mond.